Stillen und Missbrauch
Ja, es ist mir bewusst, dass dieses Thema ein heißes Eisen ist.
Es wird davon ausgegangen, dass bis zu 25 % der Frauen betroffen sind.
Genaue Angaben sind gar nicht möglich, weil die Dunkelziffer so hoch ist.
Doch es kann enorm wichtig sein, dass Sie sich in Klarheit und Bewusstheit auf das Stillen einlassen zu können oder eben nicht.
Denn im Stillen kann großes Heilungspotenzial liegen.
Ebenso kann es manchmal sinnvoll sein, bewusst nicht zu stillen.
Und andere Wege zu finden, um die Bindung zwischen Ihnen und Ihrem Baby zu stärken.
Wenn Sie noch schwanger sind und in Ihrer Kindheit sexuellen Missbrauch erlebt haben:
Vielleicht machen Sie sich viele Gedanken darüber, ob Sie stillen wollen und können und haben z. B.
- Angst davor, die enorme Nähe mit dem Baby aushalten zu können, die durch das Stillen sicher verstärkt wird
- Angst, dass das Stillen alte Erinnerungen wieder lebendig werden lässt
- Angst davor, dass Ihr Körper sich gegen das Stillen wehrt
- Angst davor, nicht genug Milch zu haben
- bereits jetzt ist Ihnen die Berührung Ihrer Brust und/oder der Brustwarzen unangenehm
- Vorstellung von Ekel vor dem Austritt von Körperflüssigkeit (Milch)
- Sie haben noch mit niemandem über den Missbrauch gesprochen
- Scham über Ihren Körper
- Angst, dass sich negative Gefühle gegen Ihr Baby entwickeln können
Und ja, all das kann so sein.
Und es darf da sein.
Denn es sind Ihre Gefühle.
Und es ist wichtig, sie nicht zu verdrängen, sondern sie zu sehen.
Wenn Sie befürchten, dass das Fühlen Sie überwältigen könnte:
Suchen Sie sich unbedingt eine Person, der Sie vertrauen.
Und die bereit ist, dies mit Ihnen anzuschauen.
das Allerwichtigste dabei ist aber,
dass diese Person Sie in der Gegenwart hält, im Hier und Jetzt, wenn Sie auch nur im Ansatz beginnen, sich in der Vergangenheit zu begeben.
Diese Person kann eine Freundin, Ihr Partner und natürlich Ihre Therapeutin sein.
Ebenso Ihre Hebamme, wenn diese mit dem Thema vertraut ist.
Und lassen Sie es bleiben, wenn auch dieser Gedanke überwältigend ist.
Seien Sie achtsam mit sich selbst.
Suchen Sie sich ggf. therapeutische Hilfe.
Hormonelle und emotionale Umstellungen während Schwangerschaft und Geburt bringen Sie nah an Ihre Gefühle.
Vielleicht denken Sie, dass diese mit Ihnen Achterbahn fahren.
Ja, das mag sein.
Trauen Sie sich, darüber zu reden.
Das kann sehr entlastend sein.
Und noch etwas:
Ihr ungeborenes Baby bekommt mit, was in Ihnen vorgeht.
Das an sich ist völlig normal. Doch es kann sein, dass Ihr Baby es auf sich bezieht.
Sagen Sie ihm, dass dies Ihre Gedanken und Ihr Erleben sind.
Und es nichts dafür kann.
Sie sind selbst in der Lage, gut für sich zu sorgen.
Oder Sie suchen sich entsprechende Hilfe, die Sie liebevoll unterstützt.
Es ist nicht ehrenrührig, Hilfe anzunehmen.
Viele missbrauchte Frauen haben einen enorm hohen Selbstanspruch und Perfektionsstreben.
Haben Sie den Mut, ehrlich mit sich selbst zu sein.
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Die Geburt
Die Geburt Ihres Babys kann ebenfalls alte Muster und Traumata, die noch nicht verarbeitet sind, wieder an die Oberfläche holen.
Alles, was Ihnen Sicherheit und Vertrauen gibt, ist hilfreich.
Auch die liebevolle Betreuung Ihrer Hebamme ist in diesem Zusammenhang von größter Bedeutung.
Optimal unterstützen kann sie Sie, wenn sie von Ihrem Missbrauch weiß.
Auch eine Doula kann hier sehr hilfreich sein.
Lassen Sie möglichst umfassend über alle Maßnahmen aufklären.
Das kann verhindern, dass auch notwendige Maßnahmen als übergriffig empfunden werden.
Auch Selbstbestimmung schafft Vertrauen.
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Nach der Geburt
Diese emotional einzigartige Erfahrung kann dazu führen, dass Sie sagen, auch wenn Sie vorher viele Zweifel hatten, dass Sie unbedingt versuchen wollen, zu stillen.
Es kann enormes Vertrauen in Ihren Körper hervorrufen, wenn Sie erfahren, zu welchen tollen Leistungen er fähig ist.
Seien Sie achtsam mit sich.
Sie dürfen auch sagen, dass es für Sie nicht geht.
Sie sind niemandem! Rechenschaft über die Gründe schuldig.
Bleiben Sie sich selbst treu!
Manchmal können übrigens Hilfsmittel wie ein Stillhütchen z. B. den nötigen Abstand zwischen Sie und Ihr saugendes Baby bringen.
Versuchen Sie es, wenn sich das für Sie interessant anhört.
Ebenso können Sie Ihre Milch abpumpen und Ihrem Baby mit der Flasche geben.
Es ist in jedem Falle wichtig, dass Sie sich in dem, was Sie tun möchten, gut unterstützt fühlen
Z. B. von Ihrer Hebamme oder im Falle des Stillens auch von einer Laktationsberaterin IBCLC.
Es geht darum, dass Sie Ihren persönlichen Weg finden.
Stillen kann eine enorme Herausforderung sein.
Immer wieder, auch in einer weiteren Stillzeit.
Machen Sie sich klar, dass Sie jederzeit sagen dürfen, dass es sich für Sie nicht stimmig anfühlt.
Dann können Sie neue Wege suchen und finden.