Kleinkinder stillen

 

Wie – Sie stil­len immer noch?

Lange zu stillen ist gerade mal wieder ein heiß diskutiertes Thema. 

Ist Ihr Baby älter als ein Jahr und schon ein Kleinkind oder viel­leicht gar ein Kindergartenkind?

Die wenigs­ten Mütter outen sich, wenn es dar­um geht, dass sie ihr nicht mehr ganz so klei­nes Kind immer noch stillen. 

Natürlich ist das nicht mehr so häu­fig wie am Anfang, doch die Wirkung für das Kind ist immer noch wichtig. 

Nicht nur aus emo­tio­na­ler Sicht, es kann sein, dass auch Zweijährige nicht uner­heb­li­che Kalorienmengen mit der Muttermilch aufnehmen.

In westlichen Industrienationen wird meist nicht besonders lang gestillt. 

Sehr vie­le Mütter errei­chen – obwohl sie es mal anders geplant haben – auch sechs Monate stil­len nicht. 

Und nun sind Sie immer noch dabei. 

Wenn Sie Ihr Baby fra­gen, ist es ver­mut­lich begeis­tert und hat nicht vor, das Stillen sein zu lassen.

Das deckt sich mit ethnologischen und archäologischen Erkenntnissen.

Lesen Sie dazu auch die­sen span­nen­den Artikel des Kinderarztes Dr. Herbert Renz-Polster:

Langzeitstillen_aus_evolutionsbiologischer_Sicht

Es war in der Vergangenheit völlig normal, dass Kinder mehrere Jahre gestillt wurden. 

In vie­len Ländern, mal abge­se­hen von west­li­chen Industrienationen ist das auch heu­te noch so. 

Und Sie sind ja offen­bar auch noch dabei.

Ihr Kind hat eine Reihe von hand­fes­ten Vorteilen dadurch, dass es noch gestillt wird, ins­be­son­de­re in einer Zeit, wo es neu­gie­rig die Welt ent­deckt und unent­wegt beschäf­tigt ist:

  • ando­cken bedeu­tet Andocken im see­lisch-geis­tig-emo­tio­nal-kör­per­li­chen Sinne, also das vol­le Rundumprogramm zur Befriedigung aller Bedürfnisse
  • Muttermilch lie­fert in kür­zes­ter Zeit vie­le Kalorien, viel mehr, als ande­re Nahrung — sehr hilf­reich, wenn man als Kind damit beschä­figt ist, die Welt zu entdecken
  • opti­ma­le Versor­gung mit Nährstoffen und Vitaminen, da Ihr Kind sie aus der Muttermilch in bes­tens ver­wert­ba­rer Form erhält
  • Mama tan­ken, Selbstvertrauen tanken
  • das noch unrei­fe Immunsystem wird opti­mal gefördert
  • kurz zur Ruhe kom­men kön­nen — bes­te Voraussetzung in unse­rer hek­ti­schen, immer akti­ven Zeit, mal wie­der bei sich selbst anzukommen

Doch auch für Ihre eigene Gesundheit ist Stillen vorteilhaft:

  • weni­ger Osteoporose
  • weni­ger Krebserkranken der Brust und der weib­li­chen Geschlechtsorgane
  • weni­ger Bluthochdruck, Übergewicht, Herzerkrankungen und Diabetes
  • ganz zu schwei­gen vom inni­gen Kontakt mit dem Kind, z. B. wenn Sie wie­der arbei­ten nach einem Jahr

Aus evo­lu­ti­ons­bio­lo­gi­scher Sicht hat eine lan­ge Stilldauer wahr­schein­lich einen ent­schei­den­den Vorteil für die Spezies Mensch bedeutet. 

Es stellte die Nahrungszufuhr sicher. 

In Zeiten von Hunger mach­te das Stillen die emp­find­li­chen Kinder unab­hän­gig von der Zufuhr ande­rer Nahrungsmittel und sicher­te auf die­se Weise das Überleben.

Heute ist es — ins­be­son­de­re in der Öffentlichkeit — gar nicht so leicht, über das ers­te Lebensjahr hin­aus zu stil­len, ohne das Gefühl von Rechtfertigung haben zu müssen. 

Lange zu stillen entspricht nicht gerade dem Mainstream, ist also mit vielen Vorurteilen belegt.

Vielleicht zie­hen Sie sich des­halb zum Stillen mit Ihrem Kleinkind in Ihre Privatsphäre zurück. 

Weil Sie es satt haben, Bemerkungen zu hören, die nicht immer freund­lich sind oder in Ihnen das Gefühl aus­lö­sen, sich recht­fer­ti­gen zu müssen.

Übrigens ist die Brust aus ent­wick­lungs­ge­schicht­li­cher Sicht für die Ernährung von Babys und Kindern gedacht und ist nicht etwa ein Sexualobjekt — auch wenn das ein ange­neh­mer Nebeneffekt ist.

Oder Sie fin­den ein­fach, dass Stillen etwas Intimes ist und es auch blei­ben soll und nicht in die Öffentlichkeit gehört. 

Es ist in jedem Fall Ihre Wahl. 

Übrigens auch dann, wenn Ihr Kind meint, dass es unbe­dingt jetzt sein muss. 

Sie dür­fen das so hand­ha­ben, wie es für Sie pas­send ist. 

Das bedeutet, dass Sie bei einem Kleinkind auch Nein sagen dürfen.

Langes Stillen führt auch nicht zu einer Abhängigkeit des Kindes. 

Ein Menschenkind benö­tigt ca. zwei Jahrzehnte, um erwach­sen zu werden. 

Das heißt, dass ein Zweijähriges in jedem Falle von Ihnen abhängig ist — gestillt oder nicht gestillt.

Untersuchungen haben gezeigt, dass Kinder, deren Bedürfnisse befrie­digt wer­den, in einem Umfeld, das sie lie­be­voll för­dert und anregt, bes­te Voraussetzungen haben, um sich von Mutter und Vater selbst­stän­dig zu machen und ihre eige­nen Grenzen ken­nen und auch verteidigen. 

Nur weil ein Kind noch stillt, heißt das ja nicht, dass es nicht mit anderen Personen tragfähige Bindungen eingehen kann — im Gegenteil.

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