Medikamente in der Stillzeit — muss ich abstillen?
Du hast gehört, dass Medikamente in der Stillzeit ein heikles Thema sind.
Jezt bist du gerade mit deinem Latein am Ende, weil dein Arzt dir gesagt hat, dass du abstillen musst, weil du jetzt ein Medikament einnehmen musst?
Atmen Sie erst mal tief durch.
Denn die weitaus meisten Medikamente sind mit dem Stillen vereinbar.
So, vielleicht ist es jetzt schon etwas besser.
Arzt oder Apotheker machen sich oft in der Roten Liste oder in Beipackzetteln schlau. Die sind aber keine Information dazu, inwieweit ein Medikament z. B. in die Muttermilch übergeht.
Vielmehr heißt dies v. a., dass der Hersteller keine Verantwortung für dieses Medikament bei einer sensiblen Zielgruppe übernimmt. Oft liegen Herstellern auch gar keine Daten vor zum Einsatz eines Mittels bei einer stillenden Frau.
Es handelt sich also v. a. um eine Vorsichtsmaßnahme.
Vielleicht hast du schon mal vom Contergan-Skandal gehört, der Ende der 50ger, Anfang der 60ger Jahre des letzten Jahrhunderts begann und zu schwersten Behinderungen bei Babys führte, wenn die Mutter zu Beginn der Schwangerschaft dieses Medikament eingenommen hat.
Damit sich so etwas nicht wiederholt, wird von der Einnahme von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit lieber generell abgeraten.
Das gilt dann z. B. aber auch für Medikamente, die bei Babys zum Einsatz kommen können. Macht nicht so viel Sinn, wirst du vermutlich zu recht sagen.
Andere Stellen sammeln dagegen Daten und Studien über Medikamente, die bei stillenden Frauen eingesetzt werden und forschen zu diesem Zweck.
In Deutschland ist das Embryotox in Berlin. Hier werden unabhängig von kommerziellen Interessen Informationen zum Thema gesammelt. Du kannst dich dort selbst weiter informieren oder natürlich deinen Arzt darauf aufmerksam machen.
Worauf kommt es bei der Einnahme von Medikamenten in der Stillzeit denn nun an?
1. Auf das Alter deines Babys: in der Neugeborenenphase reagiert ein Baby sensibler auf die Medikamente als ein Säugling im etwas höheren Alter, der möglicherweise sogar schon Beikost erhält.
2. Darauf, wie das Medikament in die Muttermilch übergeht.
Das wiederum ist z. B. abhängig von der Häufigkeit, der Menge und der Dauer, in der du das Medikament einnimmst.
Außerdem hat die Natur einige Barrieren eingebaut, damit nicht alles über die Muttermilch dein Baby erreichen kann.
Ist das Mittel beispielsweise gut fettlöslich, fördert dies den Übergang in die Muttermilch.
3. Auch wieviel Zeit dein Körper benötigt, um die Substanzen wieder abzubauen, spielt eine große Rolle. Je schneller dies geht, umso besser.
4. Einzelne Gaben sind besser als eine häufigere Verabreichung oder über einen langen Zeitraum, weil sich so, je nach Zeit, die das Medikament zum Abbau benötigt, beim Baby der Stoff anreichern kann, weil es ihn langsamer abbaut, als seine Mutter.
Bei den meisten Medikamenten ist es aber dennoch so, dass die Menge, die das Baby erhält, weit unterhalb der sogenannten therapeutischen Dosis liegt (also viel weniger, als das Baby erhalten würde, um selbst therapiert zu werden).
Was ist denn, wenn es während der Einnahme auch beim Baby zu Symptomen kommt?
Bisherige Forschungen haben ergeben, dass das in einem niedrigen Rahmen tatsächlich geschehen kann, aber bislang in keinem Fall therapiebedürftig war.
Ich sage das hier der Vollständigkeit halber und vor allem, damit du nicht erschrecken.
Im Zweifelsfall muss ein Medikament wieder abgesetzt werden.
Keineswegs möchte ich die Einnahme von Medikamenten in der Stillzeit verharmlosen — sie sollte immer wohl abgewogen sein.
Da aber Muttermilch über ganz enorme Vorteile verfügt, die auch auch fast immer ein Weiterstillen trotz Medikamenteneinnahme ermöglichen, möchte ich dich ganz einfach anregen, dich kritisch zu informieren und nicht alles zu glauben.